bremer hörkino

Radio-Geschichten live erleben

Feature-Preis Bremer Hörkino 2007

Dorothee Schmitz-Köster

Dorothee Schmitz-Köster: „Kind L364 - Szenen einer Lebensborn-Biografie“

„Als ich erfuhr, dass ich den Preis bekomme, war ich erst einmal stolz! Den ersten Bremer Feature-Preis als erste zu bekommen - das war einfach wunderbar. Und dann ausgerechnet für das Stück “Kind L 364. Szenen einer Lebensborn-Biografie”, ein Stück, an dem mein Herzblut hängt! Schließlich erzählt es nicht nur eine aufregend-schreckliche Lebensgeschichte, sondern das Thema hängt auch unmittelbar mit meinem journalistischen Focus zusammen - der NS-Zeit. Die Vorführung des Stücks im Hörkino war dann sehr berührend - public listening ist für eine Radio-Journalistin einfach eine große Sache! Außerdem waren viele Menschen gekommen, die aus dem Lebensborn-Kontext stammen. Und dann gabs als Überraschung “Rüdi”, diese schräge Figur von Zoppe Vosskuhl, an der ich auf dem Heimweg schwer zu tragen hatte. Seitdem ist Rüdi immer in meiner unmittelbaren Nähe, lauscht mit seinen großen Ohren - und verbreitet mit seinem Grinsen gute Laune.“

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Zum ersten Mal haben Beate Hoffmann und Charly Kowalczyk vom Bremer Medienbüro 2006 den „Feature-Preis bremer hörkino“ für Hörfunk-Autoren aus Bremen ausgeschrieben. Eingereicht wurden sieben einstündige Hörstücke. Die unabhängige Jury, bestehend aus Annette Hillebrand, Direktorin der Akademie für Publizistik in Hamburg, Lore Kleinert, Leiterin der Kulturabteilung von Radio Bremen und Cordt Schnibben, Leiter des Ressorts Gesellschaft/Reportagen des SPIEGEL, entschied: Preisträgerin 2007 ist Dorothee Schmitz-Köster für ihr Feature „Kind L364 - Szenen einer Lebensborn-Biografie“, eine Produktion von Radio Bremen (2006). „Die Autorin erzählt ein wenig erforschtes Stück Zeitgeschichte, das bis heute das Leben der Protagonistin Heilwig bestimmt“, so Lore Kleinert. Annette Hillebrand begründet: „Man glaubt über das Thema alles zu wissen. Doch die Autorin erzählt eine besondere Geschichte. Offenkundig ist er ihr gelungen, großes Vertrauen ihrer Interviewpartner zu gewinnen - das macht das Zuhören sehr angenehm.“
Außerdem sei das Feature unter der Regie von Christiane Ohaus gut montiert und das Sounddesign sehr facettenreich. Zum dritten Hörkino-Geburtstag am 4. April, um 20 Uhr, im energiecafé (Am Wall) wurde das Stück vorgestellt und der mit 1.000 Euro dotierte Preis verliehen.

Zum Inhalt des prämierten Features:

Unehelich, unerwünscht, unpassend, so kommt Heilwig 1938 auf die Welt - in einem Heim der SS-Organisation Lebensborn. Ihre Mutter, eine erfolgreiche Grafikerin, heiratet vier Jahre später den SS-Oberführer und Himmler-Vertrauten Oswald Pohl. Der adoptiert das Mädchen, das nun in höchsten NS-Kreisen aufwächst. Bei Kriegsende flieht die Familie vor der Roten Armee. Pohl wird in Nürnberg zum Tode verurteilt und 1951 hingerichtet. Erst danach erfährt Heilwig, die Pohl bisher für ihren Vater gehalten hat, Stück für Stück die Wahrheit über ihre Herkunft. Als sie mit 29 heiratet, endet die Zeit der Diskriminierung und Ausgrenzung. Doch das Stigma bleibt. Heilwigs Biografie wird zum Gegenstand heftiger Familienkonflikte.

Die Autorin Dr. Dorothee Schmitz-Köster lebt in Bremen und arbeitet über 20 Jahre als Hörfunk-Journalistin und Buchautorin. Die Lebensgeschichte von Heilwig wird im Juli 2007 bei Rowohlt Berlin unter dem Titel „Kind L 364 – eine Lebensborn-Familiengeschichte“ auch als Buch erscheinen. Schmitz-Köster hat mehrere Feature und Bücher über NS-Themen geschrieben, unter anderem “Liebe Mutter, hier ist es wunderschön. Als deutscher Soldat in Norwegen” und “Deutsche Mutter, bist du bereit. Alltag im Lebensborn”. Sie war lange Jahre Mitglied des Bremer Medienbüros.