Identitätssuche zwischen Karl-Marx-Stadt und Kenia
Ute Lieschke / SWR / Deutschlandfunk, 2022
Marco wächst als fast einziges schwarzes Kind in den 70er-Jahren in Karl-Marx-Stadt auf. Behütet, in einer Familie mit Geschwistern, Vater und Mutter scheint ihm nichts zu fehlen. Wären da nicht die abwertenden Kommentare über seine Hautfarbe. Nach seiner Geburt treffen diese zuerst seine Mutter, später ihn. Eine konkrete Antwort auf die Frage „Wieso sehe ich eigentlich anders aus” gibt es vorerst nicht. Erst als Marcos beide Töchter – die eine mit weißer, die andere mit schwarzer Hautfarbe – anfangen, Fragen zu stellen, macht er sich auf die Suche nach seiner Geschichte.
Ute Lieschke, in Leipzig geboren, schreibt als freie Autorin für Musikmagazine und ist für Radiofeatures gern in Ostdeutschland und dessen Geschichte unterwegs. Für ihr Feature “Welcome Home Dr. Marco” erhielt sie 2023 den Civis Audio Award.
Sprecherin: die Autorin
Regie: Michael Lissek und Ute Lieschke
Martina Keller
Mittwoch, 6. März 2024
Lauterbachs Revolution?
Doku über den Kampf gegen die Krankenhausreform
Martina Kellern, Westdeutscher Rundfunk / ARD-Radiofeature, 2024
Es soll die größte Gesundheitsreform in der Geschichte der Bundesrepublik werden: Weniger, aber dafür bessere Kliniken. Unterstützung erhält Lauterbach von Wissenschaftlern: Die über 100 Jahre alte deutsche Krankenhausstruktur passt nicht mehr zur modernen und spezialisierten Medizin. Studien zeigen zudem: Die Überlebenschancen bei Krebs, Schlaganfall oder Herzinfarkt sind in speziell dafür ausgestatteten Kliniken besser als im nächstgelegenen Krankenhaus ohne solche Möglichkeiten.
Doch Interessensgruppen machen gegen die Pläne mobil: Die Länder pochen auf ihre Planungshoheit, die Deutsche Krankenhausgesellschaft will mehr Geld. Bürgerinitiativen kämpfen um jedes Bett. Viele Menschen fürchten, nicht mehr gut versorgt zu sein, wenn es die kleine Klinik vor Ort nicht mehr gibt. Wie begründet sind die Ängste? Was wird von der Krankenhausreform übrig bleiben?
Martina Keller ist freie Journalistin, Schwerpunkt Medizin. Sie schreibt für die »Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung« oder die »Zeit« und für öffentlich-rechtliche Hörfunk-Sender. Gehörte zum Team des »International Consortium of Investigative Journalists«, das den Machenschaften des internationalen Leichenhandels nachspürte. Sie ist Gutachterin bei »medien-doktor.de« (Qualität im Medizinjournalismus).
Sprecherin: Lou Sprenger
Regie: Martin Zylka
Maike Hildebrand
Mittwoch, 3. April 2024
Wir feiern 20 Jahre Hörkino – mit Feature und Fete im Alten Fundamt - Von Braunvieh, Ziegenmist und Bergkartoffeln
Im bayerischen Oberallgäu bewirtschaftet eine Familie ihren Bauernhof mit 25 Milchkühen. Der Alpsee liegt vor der Tür und die Berglandschaft lockt viele Touristen an. Direkt gegenüber vom Hof will die Gemeinde ein Wohngebiet mit Seepanorama erschließen, sie droht den Bauern mit Enteignung ihrer besten Weide. Doch die wissen sich zu wehren, schließlich steht die Zukunft ihres Hofes auf dem Spiel. Im Schweizer Bergeller Tal baut ein junges Paar Esskastanien an, hält Ziegen, Schafe und Esel. Das Tal ist schroff und schmal, und die beiden betreiben eine traditionelle Landwirtschaft mit viel Handarbeit. Aber die Vorschriften der Agrar- und Umweltbehörden erreichen auch die letzten Winkel. Ihren Ziegenmist sollen sie neuerdings in einer Wanne aus Beton unterbringen. Im italienischen Veltliner Tal kultiviert ein Paar alte Sorten, die früher in den Alptälern verbreitet waren. Sie retten Kartoffeln, Buchweizen und Roggen vor dem Aussterben. Doch die Gastronomen im Tal kaufen ihr Buchweizenmehl lieber als billige Importware ein. Im Leben der Bergbauern spielen auch Naturgewalten wie Starkregen, Trockenheit und Bergrutsche eine Rolle. Die Herausforderungen wachsen angesichts der Klimaveränderungen. Der Wert der Berglandwirtschaft liegt in der Erhaltung der Vielfalt an Pflanzen und Tieren im Alpenraum. Was kann ihren Rückgang stoppen? Die Autorin besucht die drei Höfe im Frühjahr, Sommer und Herbst.
Maike Hildebrand lebt in Bremen, studierte Sozialwissenschaften. Seit 1990 Buchautorin, freie Journalistin für verschiedene Fachmagazine, Tageszeitungen und ARD-Hörfunksender.
Das Feature wird erst 2024 produziert.
Sprecherin: Die Autorin
Regie: Marlene Breuer
Jörn Klare
Mittwoch, 1. Mai 2024
Bin ich überflüssig?
Oder: Wie ich versuchte, die Arbeit an diesem Feature künstlicher Intelligenz zu überlassen
Jörn Klare, Norddeutscher Rundfunk, 2024
Ich bin etwas beunruhigt. Nein, ich mache mir Sorgen. Genauer: Ich habe Angst. Obwohl … es ist eher Panik. Es geht um die Entwicklungen der auf sogenannter künstlicher Intelligenz (KI) basierenden Systeme. Die Möglichkeit mit einfachen Sprachbefehlen innerhalb von Sekunden wissenschaftliche Facharbeiten, Bildwelten, Lieder, Stimmen, Dialogsysteme und was weiß ich nicht alles zu kreieren.
Auch ich weiß noch nicht, ob deswegen die Welt untergeht, doch ich bin mir wie viele andere sicher, dass unserer Arbeitswelt eine Revolution bevorsteht. Eine Revolution, die auch mich betrifft. Wird sie mich fressen? Der Titel dieses Features ist noch von mir. Der Rest? Wir werden hören.
Wer ist Jörn Klare? Eine KI-generierte Kurzbiographie mit maximal 250 Zeichen für das Programm des Bremer Hörkinos: Jörn Klare, geboren 1965 in Hohenlimburg, ist ein deutscher Journalist, Buchautor und Dramatiker. Er ist bekannt für seine vielseitigen Arbeiten in den Bereichen Journalismus und Literatur. Klare wurde für sein Schaffen mehrfach ausgezeichnet.
Reale Stimmen: Autor, Henning Hartmann, Joachim Dicks, geklonte und »normal« generierte Stimmen.
Regie: Giuseppe Maio
Senta Höfer
Mittwoch, 5. Juni 2024
Nach der Arbeit hängen die Kleider ihre Menschen auf
Rumänische Arbeitende in Fleischbetrieben
Senta Höfer, Deutschlandfunk Kultur, 2023
2020 brachte Covid rumänische Beschäftigte beim Fleischkonzern Tönnies in die Schlagzeilen. Nach kurzer Zeit war das Medieninteresse wieder erloschen. Dieses Feature lässt sie zu Wort kommen: kein Werksreport, sondern Begegnungen mit Menschen.
Im Frühjahr 2020 erkranken in den Sammelunterkünften der Firma Tönnies in und um Rheda-Wiedenbrück hunderte Schlachthofarbeiterinnen an Covid19. Die deutschen Medien berichten ausführlich. Politkerinnen, Gewerkschafterinnen und Firmenvertreterinnen diskutieren in Nachrichtensendungen, Reportagen und Talkshows. Die Arbeiter*innen kommen so gut wie gar nicht zu Wort. Auf die Frage (an einen Journalisten), warum das wohl so sei, kommt die Antwort: »Wahrscheinlich Sprachprobleme«.
Senta Höfer hat mit den Menschen gesprochen, in Deutschland und Rumänien. Und sie erzählen: von ihrem Leben in den Schlachthöfen – und ihrem anderen Leben, zu Hause.
Senta Höfer, geboren 1971 in Bukarest, studierte nach der Ausreise in die Bundesrepublik (1988) Germanistik und Journalistik in London, Bamberg, Antwerpen und New York. Freie journalistische Tätigkeit, dazu Projekte für die UN, Stiftungen und das Auswärtige Amt. Aktuell ist sie in der Erinnerungskultur tätig und lebt mit ihrer Familie in Berlin.
Sprecher*innen: Constanze Becker, Lisa Hrdina, Sabine Falkenberg und Philipp Lind.
Regie: Cordula Dickmeiß
Yasmina Hamlawi
Mittwoch, 4. September 2024
Perle
Der Weg zurück zur körperlichen Unversehrtheit
Yasmina Hamlawi, Südwestrundfunk, 2023
Fos hat lange geglaubt, die Geschlechtsorgane aller Frauen seien gleich: verstümmelt und zugenäht. Denn in Somalia, wo sie geboren wurde, war das so. Ihr Leben wurde von der Dorfgemeinschaft, ihrem Vater und später ihrem Ehemann bestimmt. Doch Fos hat es geschafft, diesem Schicksal zu entfliehen. Heute lebt sie in Belgien, wo sie sich einer Operation unterzogen hat, um den Körperteil zu rekonstruieren, den sie ihre Perle nennt: die Klitoris.
»Perle« wurde beim Prix Europa als »beste europäische Radiodokumentation 2022« ausgezeichnet.
Yasmina Hamlawi ist Radioregisseurin und freiberufliche Journalistin in Brüssel. Mit ihren Radio-Dokumentationen gibt Yasmina den Stimmlosen eine Stimme und befasst sich mit nicht sichtbaren Themen: Sie erkundet Klangräume, um ihrer Erzählung Kraft und Genauigkeit zu verleihen.
Sprecher*innen: Sophia Platz, Janna Horstmann, Catharina Kottmeier und Stefan Roschy
Regie deutsche Fassung: Annika Erichsen
Martina Groß
Mittwoch, 2. Oktober 2024
Herzwäsche
Eine verhängnisvolle Affäre
Martina Groß, Deutschlandfunk Kultur, 2021
Es beginnt mit einem harmlosen Chat im Netz, geht weiter mit einer (vermeintlichen) Liebesgeschichte und endet mit einer zerstörten Existenz. Die Geschichte eines »Romance Scams«.
Im Herbst 2017 fing es an. Mit einem Fehlläufer ihrer E-Mail. Sagt sie. Sie, das ist Madi, eine Französin, die in Burkina Faso lebt. Er, das ist M., ein Witwer in Berlin. Es entwickelte sich ein reger Chatverkehr. Sie verliebten sich. Sie will ihn in Deutschland besuchen. Er schickt Geld. Doch immer kommt etwas dazwischen, das ihr Kommen verhindert. Er schickt mehr Geld und mehr und mehr. Am Ende ist er verschuldet, kann seine Miete nicht mehr bezahlen und wird krank.
Aber es gab keine Madi, aber eine Bande professioneller Betrüger. M. ist Opfer eines Romance Scams geworden. Die Autorin ist seine Schwester und hat Zugang zu seinen Chats. Sie sucht nach einer Antwort auf die Frage, wie und warum Tausende Menschen Opfer von organisiertem Liebesbetrug werden.
Martina Groß, geborene Berlinerin, schreibt seit 1998 Features für den öffentlich-rechtlichen Hörfunk. Sie interessiert sich für Menschen, die meist nicht berühmt sind, aber mit ihren Geschichten zeigen: es geht auch anders. Sie versucht, das scheinbar Abwegige zu beleuchten. Viele ihrer Themen findet sie in den USA. Vor allem an der Westküste.
Sprecher*innen: Axel Prahl, Marian Funk, Meike Rötzer, Karla Sengteller und die Autorin
Regie: Giuseppe Maio
Wilfried Huismann
Mittwoch, 6. November 2024
Pinochets deutsche Paten
Eine Spurensuche in Chile
Wilfried Huismann, Westdeutscher Rundfunk, 2023
Der Sturz des frei gewählten sozialistischen Präsidenten Salvador Allende durch das chilenische Militär bewegte im September 1973 die Welt. Waren ehemalige deutsche SS- und Gestapo-Offiziere, die nach dem Zweiten Weltkrieg nach Südamerika flüchten konnten, in den blutigen Staatsstreich von General Pinochet verwickelt? Walther Rauff war SS-Standartenführer und im Reichssicherheitshauptamt zuständig für die Vernichtung der europäischen Juden. Seit 1956 lebte er in Chile – als Geschäftsführer einer Fischfabrik. 1958 wurde er vom Bundesnachrichtendienst rekrutiert, um »die Ausbreitung des Kommunismus auf dem amerikanischen Subkontinent möglichst zu verhindern.«
Bisher war wenig bekannt über die Rolle deutscher Nazis. Der Autor geht in Chile mit dem einzigen Foto von Rauff auf Spurensuche: Sein Deckname war »Schakal«, er gehörte zum inneren Führungszirkel der DINA, der chilenischen Geheimpolizei und war an der »Endlösung der Kommunistenfrage« beteiligt.
Wilfried Huismann lebt als freier Journalist und Drehbuchautor in Bremen. Er hat als Autor und Regisseur an vielen Dokumentarfilmen mit internationalen politischen Themen mitgewirkt.
Sprecher*innen: Maximilian Held, Henning Nöhren, Hanns Jörg Krumpholz,
Tilmar Kuhn, Claudia Sandoval, Udo Schenk und der Autor
Regie: Nikolai von Koslowski
Manfred Götzke
Mittwoch, 4. Dezember 2024
Beruf: Aktivistin
Unterwegs mit der Letzten Generation
Manfred Götzke, Deutschlandfunk 2023
Wer sich auf Straßen festklebt oder Bilder besprüht, macht sich viele Feinde. Auch unter vermeintlich Wohlgesonnenen. Wie lebt es sich mit dem Hass der Anderen?
Aimée van Baalen hat ihre Träume von einem Kunststudium aufgegeben. In einer Plus-3-Grad-Welt habe das keinen Sinn mehr, sagt sie. Die 23-Jährige ist Vollzeitaktivistin bei der Letzten Generation, rekrutiert neue Mitglieder und sitzt fast wöchentlich in Talkshows und Podiumsdiskussionen. Sie bekommt viel Zuspruch, aber immer wieder muss sie sich rechtfertigen – auch in der eigenen Familie. Morddrohungen gehören für sie zum Alltag.
Manfred Götzke hat die junge Frau begleitet. Was treibt sie an, ihren Stachel immer wieder in die bürgerliche Selbstzufriedenheit zu stecken? Und gibt es Momente des Zweifels, ob der eingeschlagene Weg der Richtige ist?
Manfred Götzke, Journalist, Studium an der Technischen Universität Dortmund. Arbeitet beim Deutschlandfunk als Moderator und Reporter für unterschiedlichste Format und Sendungen. Unter anderem: Europa heute, Das Wochenendjournal, Gesichter Europas.
Sprecher*innen: Merle Wasmuth und der Autor
Regie: Dörte Fiedler