So, 13.01.2013
Feature-Preis Bremer Hörkino: Jury bestimmt Preisträger 2013
Feature-Preis Bremer Hörkino 2013: „Rüdi hört geht an Mechthild Müser („Welcome to the City of Jezevac“) und Jens Schellhass („Ein bisschen mehr als Gotteslohn“)
Zum vierten Mal wurde der „Feature-Preis Bremer Hörkino“ für Hörfunk-Autoren aus Bremen und Niedersachsen ausgelobt. Die unabhängige Jury hat nun entschieden: Preisträger 2013 sind Mechthild Müser und Jens Schellhass. Zu der Jury gehören Torsten Jantschek, Redakteur bei Radio Bremen “Wissenschaft, Religion und Gesellschaft“, Brigitte Kirilow Feature-Redakteurin bei Deutschlandradio Berlin und Annette Ruppelt, Pressesprecherin Bremer Shakespeare Company. Sie wählten aus acht eingereichten Features zwei Preisstücke aus.
Die Hörfunk-Autorin Mechthild Müser wird ausgezeichnet für ihr Stück „Welcome to the City of Jezevac – Mädchen in einem bosnischen Flüchtlingslager“ - eine Produktion des Deutschlandfunks, in Kooperation mit dem Bayrischen Rundfunk 2012. Der Hörfunk-Journalist Jens Schellhass erhält den Preis für „Ein bisschen mehr als Gotteslohn – Arbeitsbedingungen im kirchlichen Sozialsektor“ - eine Produktion des Nordwestradios von 2012. Eine lobende Anerkennung erhalten die Journalistik-Studenten der Bremer Hochschule Nasir Mahmood und Panajotis Gavrilis für das Stück „Gekommen, um zu leben – ein Feature über Asylsuchende in Deutschland“.
Müsers Feature überzeugte die Jury, „weil sie in ihrem Feature mit größter Intensität das Schicksal junger Mädchen in einem bosnischen Flüchtlingslager erzählt. Sie entfaltet dabei durch große Nähe und zugleich dramaturgisch überzeugender Stimmenführung ein Leben zwischen Hoffnung auf Neubeginn und der Gefahr, Opfer von Menschenhändlern zu werden.“ Das Stück von Schellhass handelt vom speziellen Arbeitsrecht in der Kirche unter Ausschluss des Streikrechts der Arbeitnehmer. Ist diakonische Arbeit moralische Christenpflicht oder nicht auch tägliche schwere Arbeit, die Frauen und Männer in den Heimen leisten? Die Jury würdigt Schellhass, „weil er den Betreuern und den Betreuten eine Stimme gibt und das spröde Thema dadurch auf sehr anschauliche Weise spiegelt.
Der Feature-Preis Bremer Hörkino besteht aus 1.000 Euro und einer Bronzeskulptur. Er wird gestiftet vom Energieversorger swb und den Initiatoren des Hörkinos, unterstützt von „Hörsturz – Interessengemeinschaft für Bremer Radiokultur“. Die Preisskulptur „Rüdi hört“ wurde eigens für das Hörkino vom Berliner Künstler Zoppe Voskuhl geschaffen.
Lange Hörkino-Nacht mit Preisverleihung von „Rüdi hört“ am 3. April 2013
Anlässlich des neunten Geburtstags des Bremer Hörkinos verleihen Beate Hoffmann und Charly Kowalczyk vom Bremer Medienbüro den Feature-Preis am 3. April um 19 Uhr im swb-Kundencenter (Sögestraße). Rund 50 Radioliebhaber besuchen das Hörkino, das an jedem ersten Mittwoch im Monat im swb-Kundencenter stattfindet. „Viele Bremer sind richtige Fans des gemeinsamen Hörens geworden. Außerdem trifft man im Hörkino auf die Autoren, die man sonst nur hören kann, aber nicht zu sehen bekommt“, beschreiben Hoffmann und Kowalczyk die Entstehungsidee.
Mit dem Preis möchten die Initiatoren des Hörkinos Autorinnen und Autoren ermutigen gerade in Zeiten, in denen der Wortanteil und lange Geschichten weniger werden, wunderbare Hör-Stücke zu produzieren.
Zum Inhalt der prämierten Features
Welcome to the City of Jezevac - Mädchen in einem bosnischen Flüchtlingslage von Mechthild Müser, Deutschlandfunk/Bayrischer Rundfunk 2012
Nein, niemand kommt sie je dort besuchen, die Mädchen von Jezevac, keine Schulfreundinnen, keine jungen Männer, Jezevac ist nicht so ein Ort, wo man gern hinfährt. Dabei würden sie sich freuen und im Übermut hatte eine gerufen: „Welcome to the City of Jezevac“. Welcome in dieser Ansammlung kleiner Häuser, schnell hingeworfen auf die ebene Fläche zwischen dem schlammigen braunen Fluss, der Oskova heißt, und der Straße, die zur Kohlen-Abraumhalde hochführt. Die einzigen Besucher, die sich hier sehen lassen, gehören zu einer Hilfsorganisation. Sie kümmern sich um die Übriggebliebenen, Traumatisierten, denen das Massaker von Srebrenica auf der Seele liegt, die nicht in ihre Heimat zurück können oder wollen. Und um die Mädchen, die so frisch sind in ihrer Pubertät, die sich um die besten T-Shirts aus Kleidersammlungen prügeln und einmal ganz anders leben möchten als ihre Mütter. Berufe lernen, in der Stadt wohnen, aber welche Chance haben sie schon? Das ruft seit kurzem noch andere Besucher auf den Plan: Männer mit prall gefüllten Taschen, die die Mädchen umgarnen, ihnen ein besseres Leben verheißen – Menschenhändler. Die Mädchen freuen sich über jede Zuwendung, endlich fühlen sie sich gesehen, auch die Mütter ahnen nichts Böses. So nette Männer ….
Mechthild Müser ist Soziologin mit Schwerpunkt Entwicklungspolitik; seit 30 Jahren Feature-Autorin in der ARD, seit 10 Jahren Redakteurin beim Nordwestradio, unter anderem für die Sendung „mare Radio“.
Ein bisschen mehr als Gotteslohn - Arbeitsbedingungen im kirchlichen Sozialsektor von Jens Schellhass, Nordwestradio 2012
Die Arbeit im Pflegedienst bedeutet oft viel Verantwortung bei wenig Anerkennung. Wer für einen kirchlichen Wohlfahrtsverband arbeitet, darf nicht für mehr Lohn oder bessere Arbeitsbedingungen streiken. Wer diesen „Dritten Weg geht, ist auf der Suche nach einer Alternative, um die Grenzen zwischen Vorschlag und Gegenvorschlag aufzuweichen. Aber im Arbeitsrecht der Kirche und ihren diakonischen Wohlfahrtsverbänden verhärten sich die Fronten immer weiter. Daran muss sich dringend etwas ändern, findet die Gewerkschaft. Ein Feature von Jens Schellhass über die Arbeitsbedingungen in den kirchlichen Pflegediensten.
Jens Schellhass ist er freier Journalist bei Radio Bremen Hörfunk, seine Schwerpunkte: Kultur, Politik, Soziales. 2010 erhielt er den Deutschen Radiopreis in der Kategorie „Beste Reportage“.
Pressekontakt: Beate Hoffmann, Tel.: 0421–343170, bmbhoffmann@aol.com Charly Kowalczyk, Tel.: 017031 44137, charly.kowalczyk@t-online.de
Weitere Infos unter www.bremer-hoerkino.de